In einer Welt, in der Autos immer schwerer, komplexer und mit Assistenzsystemen vollgestopfter werden, gibt es noch eine Nische für Puristen. Eine Nische, in der das Fahren nicht nur von A nach B führt, sondern ein Erlebnis für sich ist. Der Zenos E10, ein britischer Leichtbau-Sportwagen, ist genau für diese Nische geschaffen. Er ist keine Weiterentwicklung eines bestehenden Modells, sondern ein komplett neues Konzept, geboren aus dem Wunsch nach maximalem Fahrspaß und minimalem Gewicht. In diesem ausführlichen Testbericht nehmen wir den Zenos E10 genau unter die Lupe und beleuchten, was ihn so besonders macht.
Einführung: Was ist der Zenos E10?
Der Zenos E10 ist das Erstlingswerk der 2012 von Ex-Caterham- und Lotus-Managern gegründeten Firma Zenos Cars. Sein Ziel war von Anfang an klar: Ein erschwinglicher, leichter und vor allem puristischer Sportwagen für die Straße und die Rennstrecke. Und erschwinglich war er, zumindest im Vergleich zu manchem Wettbewerber. Die Bauweise ist radikal: Ein Chassis aus einem Aluminium-Rückgrat und einem Hybrid-Cockpit aus Carbon-Verbundwerkstoff. Darauf sitzen einfache, aber funktionale Karosserieteile. Es gibt keine Türen, kein Dach und fast keine Komfortmerkmale. All das, um das Gewicht so gering wie möglich zu halten – mit Erfolg. Der Zenos E10 wiegt je nach Version nur zwischen 650 und 750 kg, was ihm in Kombination mit einem kräftigen Motor zu atemberaubenden Fahrleistungen verhilft. Es gab ihn in drei Ausbaustufen: den Basis-E10, den E10 S und den leistungsstarken E10 R.
Motorleistung und Fahrerlebnis: Rohe Gewalt trifft Präzision

Herzstück des Zenos E10 sind die Vierzylinder-Ottomotoren der Ford EcoBoost-Baureihe. Der Einstiegs-E10 verfügte über einen 2,0-Liter-Saugmotor mit 200 PS. Der beliebtere E10 S nutzte den gleichen Motor, jedoch mit einem Turbolader, der die Leistung auf 250 PS und das Drehmoment auf kräftige 400 Nm anhebt. Die Speerspitze war der E10 R mit einem 2,3-Liter-Turbo aus dem Ford Focus RS, der unglaubliche 350 PS und 475 Nm Drehmoment lieferte.
Und hier entfaltet der Zenos E10 seine volle Magie. Das extrem geringe Gewicht sorgt dafür, dass jede Pferdestärke unmittelbar in Vortrieb umgesetzt wird. Der E10 S beschleunigt in nur rund 4 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der E10 R schafft dies in atemberaubenden 3,1 Sekunden. Das Fahrerlebnis ist intensiv und ungefiltert. Die manuelle Schaltung ist direkt und präzise. Die Lenkung, ohne Servounterstützung, ist voller Feedback und kommuniziert jeden Kieselstein auf der Straße direkt an die Hände des Fahrers. Man fühlt sich nicht wie in einem Auto, sondern wie ein integraler Bestandteil der Maschine. Die doppelten Querlenkerachsen vorne und hinten, kombiniert mit Bilstein-Dämpfern, sorgen für eine hervorragende Straßenlage. Der Zenos E10 ist trotz seiner extremen Ausrichtung überraschend gutmütig und berechenbar, was auch weniger erfahrenen Fahrern ermöglicht, die Grenzen des Autos auszuloten, ohne sich ständig am Limit zu fühlen. Das ist ein großer Unterschied zu manch anderem extremen Leichtbau-Sportwagen, der schnell unberechenbar werden kann.
Die Geräuschkulisse ist ein Kapitel für sich. Da der Motor direkt hinter den Sitzen platziert ist, hört man jedes Ansauggeräusch, jedes Zischen des Turboladers und jedes Grollen des Motors. Ein Infotainment-System oder eine Klimaanlage sucht man vergeblich – das einzige, was unterhält, ist der Sound des Motors.
Exterieur-Design und Styling: Funktion vor Form

Das Äußere des Zenos E10 ist ein klares Statement: Weniger ist mehr. Die Form folgt der Funktion. Es gibt keine überflüssigen Verkleidungen, keine sinnlosen Spoiler. Das Chassis ist bewusst sichtbar, und die Karosseriepaneele sind aus Kunststoff gefertigt. Das mag auf den ersten Blick nicht so elegant wirken wie bei einem Lotus, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Die Paneele sind günstig und einfach zu ersetzen, falls es auf der Rennstrecke zu einem kleinen Ausrutscher kommt.
Der Zenos E10 wirkt aggressiv und minimalistisch zugleich. Die freistehenden Räder, die kurzen Überhänge und die flache Silhouette unterstreichen seinen sportlichen Charakter. Er sieht aus, als wäre er direkt aus der Boxengasse auf die Straße gefahren. Und genau das ist seine Bestimmung. Er polarisiert, aber wer ihn kauft, sucht keine alltägliche Schönheit, sondern rohe Leistung und eine einzigartige Optik.
Interieur: Reduziert auf das Wesentliche
Im Innenraum setzt sich die Philosophie fort. Es gibt keine Türen, man steigt über die Seitenschweller in die Rennschalensitze aus Verbundwerkstoff. Das Lenkrad ist klein und griffig, das Armaturenbrett beschränkt sich auf ein digitales Display, das Geschwindigkeit, Drehzahl und wichtige Fahrzeugdaten anzeigt. Es gibt einen 12V-Anschluss, und das war es dann auch schon mit den Komfortmerkmalen.

Trotz der Spartanität ist die Sitzposition hervorragend. Man sitzt tief, hat eine gute Sicht und fühlt sich fest mit dem Fahrzeug verbunden. Das Cockpit ist geräumig genug, um auch größeren Personen Platz zu bieten, was in dieser Fahrzeugklasse keine Selbstverständlichkeit ist. Optional gab es sogar eine beheizbare Windschutzscheibe und beheizbare Sitze, was den Zenos auch bei kühlerem Wetter fahrbar macht. Ein “Weather Pack” mit einer Art Notverdeck konnte ebenfalls bestellt werden, um bei plötzlichem Regen nicht komplett nass zu werden. Dennoch: Der Zenos E10 ist ein Auto für sonnige Tage und die Rennstrecke, nicht für den täglichen Weg ins Büro.
Ausstattung, Technologie und Sicherheit: Fokus auf das Fahren
Technologie und Ausstattung im herkömmlichen Sinne sind beim Zenos E10 kaum vorhanden. Es gibt weder ABS noch ESP oder Traktionskontrolle. Die Sicherheit wird durch das extrem steife Aluminium-Chassis, den Überrollbügel und die optionalen 4-Punkt-Renngurte gewährleistet.
Die Technologie konzentriert sich ausschließlich auf die Fahrdynamik. Das Motorsteuergerät ist speziell für das geringe Gewicht und die Abstimmung des E10 angepasst. Wer mehr wollte, konnte zu einem Track-Pack greifen, das unter anderem einstellbare Dämpfer und ein Sperrdifferenzial beinhaltete. Die Einfachheit des Konzepts ist hier das Hauptmerkmal. Es gibt keine elektronischen Helfer, die das Fahrerlebnis verwässern könnten. Man ist auf sich allein gestellt und lernt, das Auto wirklich zu beherrschen.
Kraftstoffeffizienz: Ein sekundärer Gedanke
Der Kraftstoffverbrauch ist bei einem solchen Auto natürlich zweitrangig, dennoch liefert der Zenos E10 dank seines geringen Gewichts und der modernen Motorentechnologie passable Werte. Der E10 S wird mit einem kombinierten Verbrauch von rund 6,7 Litern auf 100 km angegeben, was für die gebotene Leistung beeindruckend ist. Die reale Welt auf der Rennstrecke oder bei sportlicher Fahrweise wird diesen Wert jedoch deutlich nach oben treiben. Bei einem 35-Liter-Tank ist man gut beraten, die Tankanzeige im Auge zu behalten, die – so berichten es Fahrer – nicht immer die zuverlässigste sein soll.
Preise, Ausstattungslinien und Konkurrenz
Der Zenos E10 war bei seiner Markteinführung ein echtes Schnäppchen in seiner Klasse. Die Preise für den E10 begannen bei umgerechnet knapp 38.000 Euro, der E10 S war ab ca. 44.200 Euro erhältlich. Der Top-Zenos E10 R kostete neu um die 51.000 Euro. Inzwischen ist das Unternehmen leider in die Insolvenz gegangen, weshalb es nur noch gebrauchte Modelle gibt. Die Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt variieren stark, sind aber oft überraschend stabil, was die Wertschätzung für dieses einzigartige Fahrzeug widerspiegelt.
Der Zenos E10 positionierte sich als direkter Konkurrent zu anderen Leichtbau-Sportwagen wie dem Caterham Seven, dem Ariel Atom oder dem KTM X-Bow. Im Vergleich zum Caterham ist der Zenos etwas moderner und bietet ein gewissermaßen “cocooning” Gefühl, während der Caterham noch mehr ein offener, fast schon archaischer Sportwagen ist. Gegenüber dem KTM X-Bow war der Zenos E10 deutlich erschwinglicher und weniger technologisch komplex. Er fand seine Nische als eine Art Brücke zwischen den rauen, offenen Sportwagen und den etwas “zivilisierteren” Alternativen.
Vor- und Nachteile
Vorteile:
Nachteile:
Fazit: Für wen ist der Zenos E10 am besten geeignet?
Der Zenos E10 ist kein Auto für jedermann. Er ist auch kein Auto, das man als einziges Fahrzeug im Alltag nutzt. Er ist ein zweit-, dritt- oder sogar viertwagen. Er ist perfekt für den Puristen, der das Fahren als Kunstform betrachtet und ein Fahrzeug sucht, das ihn in den Mittelpunkt des Geschehens stellt. Der Zenos E10 ist die ideale Wahl für Track-Day-Enthusiasten und Wochenend-Ausfahrten auf kurvigen Landstraßen. Er ist ein Fahrzeug, das Emotionen weckt und ein breites Grinsen auf das Gesicht seines Fahrers zaubert. Wer einen kompromisslosen, direkten und ehrlichen Sportwagen sucht, der auf unnötigen Ballast verzichtet und sich auf das Wesentliche konzentriert, wird im Zenos E10 seinen Seelenverwandten finden.
5 Häufig gestellte Fragen (FAQs)
1. Kann man den Zenos E10 im Alltag fahren?
Theoretisch ja, praktisch nein. Er hat keine Türen, kein festes Dach, kaum Stauraum und keine Komfortmerkmale. Er ist für das ultimative Fahrerlebnis konzipiert, nicht für den täglichen Weg zur Arbeit oder den Wocheneinkauf.
2. Wie sicher ist der Zenos E10?
Der Zenos E10 ist mit einem sehr steifen Hybrid-Chassis, einem Aluminium-Rückgrat und einem Stahl-Überrollbügel ausgestattet. Er hat keine elektronischen Fahrhilfen wie ABS oder ESP. Die Sicherheit hängt also stark von den Fähigkeiten des Fahrers ab.
3. Wo kann ich einen Zenos E10 kaufen?
Da Zenos Cars leider nicht mehr existiert, sind Neufahrzeuge nicht mehr erhältlich. Man kann den Zenos E10 nur noch auf dem Gebrauchtwagenmarkt finden. Es gibt einige Händler, die sich auf diese Art von Nischenfahrzeugen spezialisiert haben.
4. Sind Ersatzteile für den Zenos E10 noch verfügbar?
Ja, viele Komponenten stammen von Großserienherstellern wie Ford. Die Motoren und Getriebe sind relativ weit verbreitet. Spezialteile können unter Umständen schwieriger zu finden sein, aber die Owner-Community ist sehr aktiv und hilft sich gegenseitig.
5. Was ist der Unterschied zwischen dem Zenos E10, E10 S und E10 R?